Die Endphase
Heimliche Aufnahme eines Todesmarsches ungarischer Juden nach Mauthausen, Hieflau, 1945 (Foto: Walter Dall-Asen)Mit dem Vorrücken der Roten Armee und der Auflösung der Konzentrationslager im Osten wurde Mauthausen ab Jänner 1945 zum Zielort von großen Evakuierungstransporten. Die kommenden Monate bis zur Befreiung waren durch Überfüllung, Unterversorgung, Chaos und Massensterben gekennzeichnet. Etwa 25.000 neu ankommende Häftlinge aus Auschwitz-Birkenau, Groß Rosen, Sachsenhausen, Ravensbrück und Mittelbau-Dora wurden von Jänner bis Mai in Mauthausen registriert. Tausende weitere, etwa aus den Außenlagern des KZ Flossenbürg in Venusberg und Freiberg blieben unregistriert. Die neu ankommenden Häftlinge hatten in der Regel bereits eine mehrjährige Verfolgungsgeschichte und waren oft bereits zu geschwächt für den Arbeitseinsatz. Sie brachte man zumeist entweder direkt im Sanitätslager, im behelfsmäßig errichteten Zeltlager oder in den ebenfalls neu hinzugekommenen Lagerteilen II und III unter. Diejenigen, die noch kräftig genug waren, wurden weiterhin zur Zwangsarbeit in die Außenlager verschickt.
Ab Ende März begann die Auflösung der östlich von Mauthausen gelegenen Außenlager. Die Häftlinge wurden in Fußmärschen, Schiffs- und Eisenbahntransporten in das Hauptlager sowie in die Außenlager Gusen, Ebensee und Steyr verfrachtet. Insgesamt dürften dabei mehr als 23.000 Häftlinge quer durch Österreich auf den Weg gebracht worden sein. Ein ähnliches Schicksal erfuhren die ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die ab Ende März 1945 aus den Lagern für den Bau des sogenannten Südostwalls nach Mauthausen getrieben wurden. Auf den tagelangen Fußmärschen erhielten die Männer, Frauen und Kinder kaum Verpflegung und mussten im Freien übernachten. Hunderte Personen starben auf diesen Todesmärschen an der Anstrengung oder wurden von Wachmännern erschossen, weil sie nicht mehr Schritt halten konnten.
Mieczyław Kościelniak: „Ewakuacja“ (Evakuierung), 1945 (Museum Auschwitz)Der Großteil der jüdischen Häftlinge musste nach der vorläufigen Unterbringung im behelfsmäßigen Zeltlager weiter nach Gunskirchen marschieren. In dem dort errichteten Auffanglager pferchte man unter katastrophalen hygienischen Bedingungen bis zu 20.000 Menschen zusammen.
Die Überfüllung der verbliebenen Lager sowie die immer mangelhaftere Versorgung verschlimmerten die Lebenssituation der Häftlinge zunehmend. Allein im April 1945 verzeichnete man mehr als 11.000 Todesfälle. Da die Krematorien von Mauthausen überlastet waren, ließ die SS im Februar 1945 nördlich des Lagers, nahe dem Ort Marbach, ein Massengrab ausheben, in dem rund 10.000 Tote verscharrt wurden. Die Namen vieler Toter, die wie die ungarischen Jüdinnen und Juden nicht mehr registriert wurden, sind, wie auch ihre genaue Zahl, bis heute unbekannt.
Video: Häftlingsströme nach Mauthausen zu Kriegsende