Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie
Bis zum Jahr 1942 stellte die Arbeit in den Konzentrationslagern vorwiegend ein Mittel der Strafe oder sogar der Vernichtung dar, im Vordergrund stand für die Nationalsozialisten die Repression und nicht die Wirtschaftsleistung. Erst der kriegsbedingte Mangel an Arbeitskräften führte zu einem Funktionswandel der Konzentrationslager. Die NS-Führung fasste nun den Plan, auch KZ-Häftlinge für die deutsche Kriegsindustrie nutzbar zu machen.
Eine Schlüsselperson dieser Entwicklung war Oswald Pohl, Chef des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes. Er ordnete Ende April 1942 an, dass sich in den KZ „das Schwergewicht auf die Mobilisierung aller Häftlingskräfte für die Kriegsaufgaben“ zu verlagern habe.
KZ-Häftlinge beim Bau des Kraftwerks Ternberg, 1944 (Foto: Fonds de l'Amicale de Mauthausen)In Mauthausen waren während des Jahres 1942 jedoch dennoch nur etwa 8 Prozent der Häftlinge zur Arbeit in Rüstungsbetrieben eingesetzt. Erst als Rüstungsminister Albert Speer im Frühjahr 1943 das Konzentrationslager besuchte und die vollständige Eingliederung aller Häftlinge in die Kriegsproduktion forderte, gewann diese auch im KZ Mauthausen zunehmend an Bedeutung.
Rüstungsunternehmen konnten nun Häftlinge als Arbeitskräfte bei der SS anfordern. Wurden ihnen diese genehmigt, so wurden im Regelfall direkt an der Produktionsstätte Außenlager für deren Unterbringung eingerichtet. Die Betriebe mussten für die Verpflegung der Gefangenen aufkommen und der SS ein Entgelt pro Häftling entrichten. Die Bewachung oblag häufig jenem Teil der Wehrmacht, dem die Produktion vor Ort zu Gute kam.
Die SS verteilte die KZ-Häftlinge in der Folge auf Außenlager weiten Teilen Österreichs. Zunächst wurden sie vor allem zum Bau von Verkehrswegen, Kraftwerke oder Fabriken herangezogen. Später leisten sie vor allem Zwangsarbeit in der Rüstungsproduktion selbst. Ab Ende 1943 mussten tausende Häftlinge unterirdische, vor Luftangriffen sichere Produktionsstätten bauen.
Gemeinsame wirtschaftliche Interessen von Rüstungsfirmen und SS sowie persönliche Beziehungen zwischen Firmenmanagern und NS-Funktionären spielten eine wichtige Rolle beim Einsatz von KZ-Häftlingen. Der erste Konzern in Österreich, der KZ-Häftlinge zur Zwangsarbeit einsetzte, war die Steyr-Daimler-Puch AG, der größte Rüstungsbetrieb auf österreichischem Gebiet. Im März 1942 wurde in Steyr-Münichholz ein Außenlager des KZ Mauthausen eingerichtet. Später ließ die Steyr-Daimler Puch AG auch in Gusen, in Melk und St. Valentin in Niederösterreich, oder in Leibnitz und Peggau in der Steiermark verschiedene Rüstungsgüter von KZ-Häftlingen produzieren.
Für den Aufbau einer Großindustrie in Oberösterreich war die Eisen- und Stahlerzeugung in den Reichswerken „Hermann Göring“ in Linz von wesentlicher Bedeutung. Auch dort wurden ab Anfang 1943 KZ-Häftlinge zur Zwangsarbeit eingesetzt. Um den Bedarf an Energie zu decken, mussten KZ-Häftlinge entlang des Flusses Enns eine Kette von Wasserkraftwerken errichten.
Die Messerschmitt GmbH Regensburg wiederum zählte zu den wichtigsten Herstellern von Jagdflugzeugen im Deutschen Reich. 1943 verlegte sie Teile der Produktion in die KZ Gusen und Mauthausen. Ein weiterer Produzent von Kampfflugzeugen, die Heinkel AG, unterhielt Produktionsstätten und KZ-Außenlager im Großraum Wien.