Mikis Theodorakis (1925–2021)
03.09.2021
Gestern, am 2. September 2021, starb der griechische Komponist, Schriftsteller und Politiker Mikis Theodorakis in Athen. Er wurde 96 Jahre alt. Bekanntheit erlangte Theodorakis unter anderem durch seine Filmmusiken und die Vertonung von Pablo Nerudas „Canto general“.
Im Zweiten Weltkrieg kämpfte Mikis Theodorakis als Mitglied der Nationalen Befreiungsfront EAM im griechischen Widerstand gegen die Besatzung durch deutsche, italienische und bulgarische Truppen. Als gerade einmal 18-Jähriger wurde er erstmals festgenommen und gefoltert. 1946 bis 1949 war er als kommunistischer Partisan in den Griechischen Bürgerkrieg involviert. In Paris und Athen studierte er Musik und wandte sich nach Anfängen in der Klassik der griechischen Musik zu, die er in den 60er Jahren populär machte – unter anderem entwickelte er in Anlehnung an traditionelle Weisen und Volkstänze für den Film „Alexis Sorbas“ den Sirtaki. Nach dem Putsch der faschistischen Junta 1967 rief er zum Widerstand auf und ging in den Untergrund. Der Besitz und das Hören oder Verbreiten seiner Musik wurden bei Strafe verboten, er nach wenigen Monaten verhaftet, gefoltert und gefangen gehalten. 1970 wurde er nach diplomatischen Bemühungen freigelassen und lebte bis zum Ende der Militärdiktatur vier Jahre in Paris im Exil.
Nach seiner Rückkehr nach Griechenland wurde Mikis Theodorakis zum Volkshelden und übernahm als unabhängiger Linker ein Staatsministerium ohne Geschäftsbereich. Anschließend war er als Generalmusikdirektor, Komponist und Dirigent tätig und äußerte sich gelegentlich zum politischen Tagesgeschehen.
1965 vertonte Mikis Theodorakis vier Gedichte des ehemaligen griechischen Mauthausen-Häftlings Iakovos Kambanellis (1921–2011) über dessen Erfahrungen im Konzentrationslager und seine Liebe zu einer litauisch-jüdischen Frau. Die sogenannte „Mauthausen-Kantate“ mit der Musik Theodorakis‘ wurde 1966 uraufgeführt und ist die bekannteste musikalische Auseinandersetzung mit dem KZ. Kambanellis war von 1943 bis zur Befreiung 1945 in Mauthausen inhaftiert. Die Gedichte tragen die Titel „Lied der Lieder“, „Adonis“, „Der Flüchtling“ und „Wenn der Krieg vorbei ist“.
Anlässlich der Befreiungsfeiern 1988 und 1995 wurde die „Mauthausen-Kantate“, von Mikis Theodorakis selbst dirigiert, auf dem Areal der heutigen KZ-Gedenkstätte Mauthausen aufgeführt, 1988 in drei Sprachen (Griechisch, Hebräisch und Deutsch) im Beisein des damaligen Bundeskanzlers Franz Vranitzky und zehntausender Besucher*innen.
Im Buch „Die Freiheit kam im Mai“ berichtet Iakovos Kambanellis über seine Haft im KZ Mauthausen und über die Monate nach der Befreiung. Das Buch erschien 2010 erstmals in deutscher Übersetzung im Wiener Ephelant-Verlag. Einem Teil der Ausgabe ist eine CD mit der „Mauthausen Cantata“ von Mikis Theodorakis beigelegt.