Sie mussten in schwerer Arbeit ihr eigenes Lager bauen - Zur Ankunft der ersten Gefangenen in Mauthausen am 8. August 1938
08.08.2018
Am 8. August 1938, nur fünf Monate nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, traf der erste Transport von 304 Häftlingen aus dem KZ Dachau in Mauthausen ein. Der Großteil von ihnen stammte aus Österreich und wurde von der SS als „kriminell“ kategorisiert. Viele von ihnen waren jedoch erst durch die nationalsozialistische Gesetzgebung überhaupt zu „Kriminellen“ gemacht worden. Diese Gefangenen mussten in schwerer Arbeit ihr eigenes Lager bauen.
Dies war der Anfang eines neuen Elements des nationalsozialistischen Terrorsystems, das in den kommenden Jahren fast ganz Österreich überziehen und im Rest Europas Angst und Schrecken verbreiten sollte. Nach Beginn des deutschen Angriffskrieges im September 1939 waren bereits rund 3.000 Häftlinge im KZ Mauthausen inhaftiert. Mit der Errichtung des Zweiglagers Gusen ab Dezember 1939 vervielfachten sich die Häftlingszahlen: rund 8.000 Ende 1940, rund 16.000 Ende 1941. Die Errichtung unzähliger Außenlager ließ die Gefangenenzahlen explodieren, bis zum Höchststand von 84.000 im März 1945.
Die Deportation, Misshandlung und Zwangsarbeit von rund 190.000 Personen aus ganz Europa und die Ermordung von mehr als 90.000 von ihnen hinterlässt auch mehr als siebzig Jahre nach den Ereignissen noch Narben. Heute noch trauern Menschen in den unterschiedlichen Herkunfts- oder Emigrationsländern der Gefangenen um ihre Angehörigen, Freunde oder Mitbürger. Fast in ganz Österreich finden sich noch materielle Spuren der in Mauthausen begangenen Menscheitsverbrechen. Manche haben heute den Charakter von Gedenkorten. Viele sind jedoch in Vergessenheit geraten, sie sind überwuchert, oder erinnerungslos überbaut.
80 Jahre nach der Gründung des KZ Mauthausen konfrontieren wir uns in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen nach wie vor mit der Frage, wie es möglich war, dass ein derart menschenverachtendes Gewaltsystem inmitten der Gesellschaft Fuß fassen und sich in dieser Dynamik entwickeln konnte. Eine Gesellschaft, die diese Debatte führt, reagiert möglicherweise sensibler auf problematische Entwicklungen in der Gegenwart.
Christian Dürr für die KZ-Gedenkstätte Mauthausen