Zeithistorikerin Heidemarie Uhl verstorben
23.08.2023
Am 11. August starb die renommierte und eng mit der KZ-Gedenkstätte Mauthausen verbundene Zeithistorikerin Heidemarie Uhl im Alter von 66 Jahren.
Die gebürtige Steirerin studierte in Graz Geschichte und Germanistik. Ihre Dissertation zum Thema Geschichtsaufarbeitung in Österreich erfuhr unter dem Titel „Zwischen Versöhnung und Zerstörung. Eine Kontroverse um Österreichs historische Identität fünfzig Jahre nach dem ‚Anschluß‘“ 1992 nach dem geschichtspolitischen Erwachen im Zuge der „Waldheim-Affäre“ große Anerkennung. 2005 folgte ihre richtungsweisende Habilitation im Fach Allgemeine Zeitgeschichte, „Transformationen des ‚österreichischen Gedächtnisses‘. Krieg, Nationalsozialismus und Holocaust in der Erinnerungskultur der Zweiten Republik“.
Von 1994 bis 2000 war Heidemarie an der Universität Graz tätig, ab 2001 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, wo sie den Forschungsschwerpunkt „Österreichisches Gedächtnis – Erinnerungsorte“ aufbaute und zuletzt als Leiterin des Instituts den erst zu Beginn des Jahres geschaffenen Bereich „Antisemitismusforschung“ verantwortete. Über die Grenzen Österreichs hinaus teilte sie ihr Wissen unter anderem an der Hebrew University Jerusalem und der Stanford University. 1999 erhielt Heidemarie Uhl den Viktor Adler-Staatspreis für Geschichte sozialer Bewegungen; 2018 wurde ihr das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien verliehen. Ihre 50 Bücher und über 300 Aufsätze umfassende Publikationsliste trägt, neben ungezählten Vorträgen und Fernsehauftritten, ihren Verdiensten um die Weiterentwicklung der Gedächtniskultur überdies Rechnung. Außerdem kuratierte sie Ausstellungen, war an einigen – wenn nicht den meisten – wichtigen österreichischen Projekten auf dem Gebiet der Erinnerungskultur beteiligt und wirkte in verschiedenen Gremien mit.
Der KZ-Gedenkstätte Mauthausen war Heidemarie Uhl über die Jahre eng verbunden. Als Mitglied der Internationalen Arbeitsgruppe zur Neugestaltung der Gedenkstätte Mauthausen brachte sie viele interessante Ideen und Visionen ein. Sie war auch Mitautorin des 2009 dazu veröffentlichten Rahmenkonzepts unter dem Titel „Mauthausen Memorial neu gestalten“. In zahlreichen formellen wie informellen Arbeitstreffen lernten wir Heidemarie Uhl nicht nur als hervorragende Wissenschafterin, sondern auch als besonders herzlichen Menschen kennen. Als die profilierteste Gedächtnisforscherin des Landes hinterlässt sie eine große Lücke. Als Freundin werden wir sie schmerzlich vermissen.