Besichtigung der Stollenanlage „Bergkristall“
14.05.2016
Zum dritten Mal fanden in St. Georgen an der Gusen Rundgänge im Stollensystem „Bergkristall – KZ Gusen II“ statt.
Von Donnerstag 12. Mai 2016 bis Samstag 14. Mai 2016 bot sich für an die 700 BesucherInnen die Möglichkeit, die unterirdischen Anlagen des Stollensystems „Bergkristall - KZ Gusen II“ zu besichtigen. Im Vorfeld der Befreiungsfeiern in Gusen und Mauthausen wurden zahlreiche Delegationen aus aller Welt von wissenschaftlichen und pädagogischen MitarbeiterInnen der KZ-Gedenkstätte Mauthausen begrüßt, darunter auch Überlebende und Angehörige von Opfern des KZ-Systems Mauthausen-Gusen. Auch viele Einheimische nützten die Gelegenheit, sich mit der Geschichte ihres Ortes auseinander zu setzen.
Thematische Einführungen und Rundgänge
Im Heimathaus St. Georgen hielten Mitarbeiter des Archivs der KZ-Gedenkstätte Mauthausen vor den Besichtigungen des Stollensystems eine etwa einstündige thematische Einführung zur Geschichte der Konzentrationslager Mauthausen und Gusen. Diese Vorträge boten eine topographische Übersicht sowie Informationen zur Zwangsarbeit und Untertageverlegung der Rüstungsindustrie. Die Begehung des Bergkristallstollens fand anschließend in Begleitung von VermittlerInnen der KZ-Gedenkstätte Mauthausen sowie von Rudolf Haunschmied, dem Vorsitzenden des Gedenkdienstkomitees Gusen, statt. Anhand von ZeitzeugInnenberichten skizzierten die VermittlerInnen die Arbeits- und Lebensbedingungen der Häftlinge.
An der Organisation und Durchführung beteiligt waren das Gedenkdienstkomitee Gusen, die Gemeinde St. Georgen an der Gusen, Mitarbeiter der BIG und der Firma S-Consult sowie Mitarbeiter des Archivs und der Pädagogischen Abteilung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen.
Am 26. Oktober 2016 wird es eine weitere Möglichkeit geben, die Stollenanlage „Bergkristall“ zu besichtigen. Aus Sicherheitsgründen ist eine Voranmeldung unbedingt erforderlich. Senden Sie diese bitte an rupert.pilsl@bmi.gv.at.
Historischer Hintergrund
Der Bau der zum Komplex des Konzentrationslagers Mauthausen/Gusen gehörenden unterirdischen Anlage begann 1944 in St. Georgen unter dem Decknamen B 8/„Bergkristall“ und war eines von mehreren großen Stollen-Bauvorhaben der deutschen Kriegswirtschaft. Die Stollenanlage sollte zunächst der Unterbringung der Rüstungsproduktion der Steyr-Daimler-Puch AG, in weiterer Folge auch der Jagdflugzeugproduktion der Messerschmitt GmbH dienen und diese so vor den alliierten Bombenangriffen schützen. Unter schrecklichen Arbeitsbedingungen mussten Tausende Häftlinge das unterirdische Stollensystem errichten, etwa 10.000 kamen dabei zu Tode.
Zur Unterbringung der im Stollenbau in St. Georgen eingesetzten Häftlinge – mehrheitlich jüdische Deportierte aus Polen und Ungarn – war im März 1944 das Lager Gusen II eröffnet worden.