Mauthausen

Mauthausen-Überlebende Sara Rus im Interview

13.07.2017

Mauthausen-Überlebende Sara Rus über ihre Zeit im KZ und ihr bewegtes Leben danach.

Mauthausen-Überlebende Sara Rus im Interview
Sara Rus mit dem weißen Kopftuch der Mütter der Plaza de Mayo im „Park der Erinnerung“ in Buenos Aires. (Foto: KZ-Gedenkstätte Mauthausen)

Sara Rus wurde 1927 im polnischen Lodz geboren. Nach dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen wurde sie 1940 zusammen mit ihren Eltern im jüdischen Ghetto interniert. Ihre Mutter brachte dort ein Kind zur Welt, das kurz nach der Geburt an Unterernährung starb. Im Sommer 1944 räumten die deutschen Besatzer das Ghetto. Sara wurde mit ihren Eltern nach Auschwitz deportiert, wo man ihren Vater an der Rampe selektierte und vergaste. Sara und ihre Mutter wurden zur Zwangsarbeit in die Flugzeugfabrik im Außenlager Freiberg des KZ Flossenbürg überstellt. Als die SS auch dieses Lager aufließ, transportierte man sie kurz vor Kriegsende in das KZ Mauthausen. Die Mutter war zu diesem Zeitpunkt schwer krank. Als sie am 5. Mai 1945 befreit wurden, wog Sara noch 26 Kilo. Beide überlebten.

Sara Rus mit zwei Kochtöpfen, die sie nach der Befreiung aus dem KZ Mauthausen mitgenommen hat. (Foto: KZ-Gedenkstätte Mauthausen)Sara Rus mit zwei Kochtöpfen, die sie nach der Befreiung aus dem KZ Mauthausen mitgenommen hat. (Foto: KZ-Gedenkstätte Mauthausen)Noch in Mauthausen erhielt Sara Nachricht von ihrem Verlobten Bernardo, der die Shoah in Polen überlebt hatte. Die beiden trafen sich dort wieder, flohen aber schon bald vor der antisemitischen Stimmung nach Berlin und wanderten schließlich 1948 gemeinsam mit Saras Mutter über Paraguay nach Argentinien aus. Im Jahr 1950 brachte Sara in Buenos Aires ihren Sohn Daniel zur Welt, fünf Jahre später wurde ihre Tochter Natalia geboren.

Am 24. März 1976 putschte das Militär gegen die damalige argentinische Regierung. In den folgenden fast 8 Jahren Militärdiktatur wurden rund 30.000 Personen entführt, gefoltert und zum „Verschwinden“ gebracht, unter ihnen auch Saras Sohn Daniel. Im Juli 1977 verschleppten ihn Einsatzgruppen des Militärs von seinem Arbeitsplatz in der Nationalen Atomkommission. Sara begann, an verschiedenen staatlichen Behörden Suchanzeigen nach ihrem Sohn aufzugeben, stieß dort aber nur auf Ablehnung. Gemeinsam mit Dutzenden anderer Mütter, die genauso wie sie nach ihren Kindern suchten, gründete sie die Organisation „Mütter der Plaza de Mayo“. Diese wurde zur Speerspitze im Widerstand gegen die Militärs.

Bis zum heutigen Tag konnte Sara Rus nicht in Erfahrung bringen, wo ihr Sohn Daniel festgehalten worden war, wie er ums Leben kam und wo sich seine sterblichen Überreste befinden. In dem Interview sagt sie: „Ich habe erst ausführlich über meine eigene Geschichte zu sprechen und nachzudenken begonnen, als mein Sohn ‚verschwunden‘ ist. Dann haben wir versucht, diese beiden Geschichten zusammenzubringen.“

Das Interview mit Sara Rus ist in der Oral-History-Sammlung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen zugänglich.

Literaturhinweis:
Eva Eisenstaedt, Zweimal Überleben. Von Auschwitz zu den Müttern der Plaza de Mayo. Die Geschichte der Sara Rus, Wien (Mandelbaum Verlag) 2010.

Christian Dürr für die KZ-Gedenkstätte Mauthausen