Zum Zweifel an der Existenz einer Gaskammer im KZ Mauthausen
01.11.2016
Die Gegenwart ist geprägt von einer Polarisierung und Zuspitzung gesellschaftlicher Debatten. Die systematischen Grenzüberschreitungen mancher Akteure zielen auf eine Spaltung der Gesellschaft. Dieser Diskurs macht auch nicht vor der Verzerrung historischer Tatsachen halt. Jüngst verteidigte in Wels, Oberösterreich, ein Anwalt seinen wegen Wiederbetätigung angeklagten Mandanten, indem er offen die Existenz einer Gaskammer im KZ Mauthausen in Zweifel zog.
Die KZ-Gedenkstätte Mauthausen sieht es als ihre Pflicht, im Namen der Opfer und ihres Andenken diese Aussage in aller Klarheit zurückzuweisen, auch wenn dies angesichts des bereits erreichten Standes der historischen Forschung wie ein Rückschritt in finstere Zeiten erscheinen mag. Der Einsatz einer Gaskammer in Mauthausen ist eine geschichtliche Tatsache, die durch eine Unzahl von Beweisen belegt ist. Dazu gehören auch die Aussagen von Personen, die selbst für deren Betrieb zuständig waren, wie etwa des ehemaligen SS-Kommandoführers Martin Roth. Nachzulesen ist all dies in den historischen Ausstellungen der Gedenkstätte ebenso wie in zahlreichen Publikationen, darunter die wegweisende Arbeit des Mauthausen-Überlebenden Pierre-Serge Choumoff.
Die Zweifel an der Existenz einer Gaskammer in Mauthausen haben ihren Ursprung in den Diskursen von Holocaust-Leugnern und Geschichtsrevisionisten und sollten in einer ernstzunehmenden öffentlichen Debatte längst keinen Platz mehr haben. Es ist die Aufgabe der gesamten Gesellschaft, derartigen Grenzüberschreitungen entgegenzutreten, bevor sie im gesellschaftlichen Mainstream ankommen können.
Foto: Der Lieutenant der US Army und ehemalige KZ-Häftling Jack Taylor mit der Gaseinfüllvorrichtung der Gaskammer und Zyklon B-Dosen kurz nach der Befreiung im Mai 1945 (US National Archives and Records Administration)